Mercury-Programm

Das Logo des Mercury-Programm Das Mercury-Programm war das erste bemannte Raumfahrtprogramm der Vereinigten Staaten. Es dauerte von 1958 bis 1963 und hatte zum Ziel, einen Menschen in den Weltraum zu fliegen.

Anfang Oktober 1958 wurde beschlossen, ein bemanntes Raumfahrtprogramm in den USA durchzuführen. Die Planungen sahen vor, ein Raumschiff mit einem Menschen zu bemannen und dieses orbital um die Erde kreisen zu lassen. Dazu mussten verschiedene Systeme entworfen und getestet werden. So wurde im Langley Research Center ein Programm zur voll gesteuerten Fallschirmlandung entwickelt. Außerdem wurden mit Hilfe der United States Air Force, die schon Erfahrungen auf diesem Gebiet hatte, die Raketen ausgesucht. Es handelte sich dabei in erster Linie um die Atlas- und Redstone-Raketen.

Startvorbereitung einer Little Joe Rakete mit einer Mercury Boilerplate-Kapsel. Foto NASA Am 26. November 1958 wurde der Name Mercury offizieller Projektname.

Die Mercury-Raumkapsel wurde federführend von der NASA entwickelt, mehr als zwanzig Industrieunternehmen arbeiteten mit. Den Zuschlag zum Bau des Raumschiffs erhielt die Firma McDonnell Aircraft Corporation.

Die Startmasse der Kapsel betrug 1.935 kg, die Höhe ohne Rettungsrakete 3,51 m, der größte Durchmesser 1,89 m. Bei einem Fehlstart konnte die Raumkapsel durch eine Rettungsrakete von der Rakete getrennt und in Sicherheit gebracht werden.

Der Astronaut konnte die Lage und die Flugbahn der Kapsel mit der Handsteuerung beeinflussen, die Raumkapsel war aber auch mit einer Einrichtung ausgerüstet, welche es der Bodenmannschaft ermöglichte, das Raumschiff vollständig zu steuern. Der Innenraum der Kapsel hatte ein Volumen von 1,7 Kubikmeter und der Astronaut konnte die Kapsel über 55 Schalter, 30 Sicherungen und 35 Hebel bedienen. Eine wichtige Aufgabe beim Wiedereintritt der Raumkapsel hatte der Hitzeschild. Beim Wiedereintritt wirkten Beschleunigungskräfte von 4 g auf den Astronauten. Nach dem Wiedereintritt wurde die Kapsel mit Fallschirmen gebremst und wasserte im Meer.

Die NASA bestellte 20 Raumkapseln, zusätzlich wurden weitere, nicht flugfähige Muster für Versuche gebaut.

Mit Hilfe der Versuchsrakete Little Joe, die zum Testen ballistischer Bahnen schon vorhanden war, konnten erste Tests mit dem Raumschiff und der Rettungsrakete durchgeführt werden.

Start von Mercury-Redstone 3 mit Alan Shepard am 5. Mai 1961. Foto NASA Daneben wurde auf der Grundlage einer Atlas-Rakete das „Big Joe“-System eingeführt, mit dem ein Raumschiff hoch genug in den Weltraum befördert werden konnte, um den kritischen Wiedereintritt in die Atmosphäre zu testen und zu üben.

Anfang des Jahres begann die Entwicklung des Hitzeschilds für die Mercury-Kapsel.

Das Rettungssystem des Raumschiffs funktionierte beim zweiten Start im April 1959 planmäßig und brachte die Landekapsel vorschriftsmäßig zur Wasserung im Atlantik, sodass das Raumschiff von einem Helikopter geborgen werden konnte.

Im September verlief ein Mercury-Testflug mit einer Big Joe Atlas fast zu hundert Prozent erfolgreich. Wertvolle Erkenntnisse über den Wiedereintrittswinkel und die auftretenden Temperaturen am Hitzeschild wurden gewonnen.

Am 4. Dezember 1959 wurde mit der Mission Little Joe 2 der Rhesusaffe Sam gestartet um die Funktionalität des Rettungssystems zu testen. Ebenso sollten medizinische Erkenntnisse beim Flug gewonnen werden. Der Test war erfolgreich, und Sam überlebte ihn. Ein zweiter Test Little Joe 1B mit dem Rhesusaffen Miss Sam verlief am 21. Januar 1960 ebenso erfolgreich.

Am 9. April 1959 wurden auf einer Pressekonferenz in Washington D.C. die sieben ausgewählten Mercury-Astronauten der Öffentlichkeit vorgestellt. Es waren dies:
  • Lt. Commander Alan B. Shepard, Jr., Navy
  • Captain Virgil I. Grissom, Air Force
  • Lt. Colonel John H. Glenn, Jr., Marines
  • Lieutenant Malcolm Scott Carpenter, Navy
  • Lt. Commander Walter M. Schirra, Jr., Navy
  • Captain Donald K. Slayton, Air Force
  • Captain Leroy Gordon Cooper, Jr., Air Force
Die Zahl 7, die an den Namen jedes einzelnen Raumschiffs angefügt wurde und die sich auch im Logo der Mission findet, ist auf diese sieben Astronauten zurückzuführen. Damit sollte die gute Zusammenarbeit demonstriert und bei jeder einzelnen Mission an das Team erinnert werden.

Jeder Astronaut bekam ein Spezialgebiet der Missionsvorbereitungen zugeschrieben. Dennoch tauschten die Astronauten sich oft über Fragen gemeinsam aus, diskutierten teilweise heftig, konnten sich immer einigen und diverse Änderungen an der Landekapsel, den Antriebsraketen und Sicherheitssystemen erwirken.

Start einer Atlas Rakete mit einer Mercury Kapsel. Foto NASA Nachdem Mitte 1960 die ersten Atlas- und Redstone-Raketen sowie die zugehörigen Raumschiffe angeliefert worden waren, konnte am 29. Juli 1960 die Mercury-Atlas 1 (MA-1) Mission gestartet werden. Aber schon nach 59 Sekunden musste die Rakete auf Grund eines Strukturfehlers gesprengt werden. Das Mercury-Raumschiff ging dabei verloren, da kein Rettungssystem vorhanden war. Nach diesem Fehlschlag wurde das Projekt einer mehrmonatigen Untersuchung unterzogen.

Während dieser Zeit wurden die sieben Astronauten mit unterschiedlichsten medizinischen und physischen Tests auf ihren ersten Flug vorbereitet. So wurde eine Zentrifuge zum Testen der Schwerkraftbelastungen installiert und ein großer Wassertank, um die Schwerelosigkeit zu simulieren.

Die Mercury-Redstone 1 (MR-1) Mission wurde abgebrochen, als am 21. November 1960 beim Start der Rakete auf dem Startplatz nur das Rettungssystem aktiviert wurde. Die Ersatzmission, Mercury-Redstone 1A (MR-1A), verlief dagegen am 19. Dezember 1960 problemlos. Das Raumschiff erreichte eine Höhe von ca. 210 km und wurde nach erfolgter Wasserung 15 Minuten später von einem Helikopter aus dem Atlantik geborgen.

Am 31. Januar 1961 wurde mit der Mercury-Redstone 2 (MR-2) Mission der Schimpanse Ham in den Weltraum befördert. Kleinere Fehler führten dazu, dass das Raumschiff höher und weiter flog als vorher geplant war. Die unbemannte Mission, Mercury-Atlas 2 (MA-2), verlief am 21. Februar 1961 erfolgreich.

Die unbemannte Mercury-Atlas 3 (MA-3) Mission am 25. April 1961 war dagegen ein Fehlversuch. Nachdem sich nach dem Start die Rakete nicht wie vorgesehen um 70° drehte, um auf die vorgesehene Flugbahn zu kommen, wurde das Rettungssystem aktiviert und die Landekapsel abgetrennt. Die Atlas-Rakete wurde kurz darauf gesprengt.

Mit dem Start von Alan Shepard in der Mercury-Redstone 3 (MR-3) begann für die Amerikaner am 5. Mai 1961 das Zeitalter der bemannten Raumfahrt. Zwar waren die ersten beiden Flüge nur ballistisch, aber sie konnten die Zuverlässigkeit der Technik beweisen und dass es möglich ist, einen Menschen sehr hohen Beschleunigungswerten bei Start und Landung auszusetzen. Erst mit Mercury-Atlas 6 wurde dann die Erdumlaufbahn erreicht.

Die Reibungslosigkeit des Fluges von Walter Schirra über 6 Erdorbits mit Mercury 8 führte zu einer vorzeitigen Beendigung der Mercury-Raumflüge und dem vorgezogenen Beginn des Gemini-Programms. Am 12. Juni 1963 wurde das Mercury-Programm offiziell eingestellt. Da Präsident John F. Kennedy in seiner berühmten Kongress-Rede am 25. Mai 1961 die Mondlandung innerhalb des laufenden Jahrzehnts als Ziel ausgegeben hatte, mussten weitergehende Raumfahrt-Programme anvisiert werden, da derart ehrgeizige Planungen mit dem Mercury-Programm nicht zu verwirklichen waren. Dies lag in allererster Linie an der Unmöglichkeit, das Raumschiff zu manövrieren. Das war aber für Kopplungsmanöver im All unabdingbare Voraussetzung.

Mission Start Dauer Besatzung Bemerkung
Mercury-Little-Joe 1 21.08.1959 20 sec unbemannt atmosphärischer Flug, Fehlzündung
des Rettungssystems vor dem Start
Mercury-Big-Joe 1 09.09.1959 13 min unbemannt suborbitaler Flug, teilweise erfolgreich,
erste Mercury im Weltall
Mercury-Little-Joe 6 04.10.1959 5 min unbemannt atmosphärischer Flug zur
Erprobung der Rettungsrakete
Mercury-Little-Joe 1A 04.11.1959 8 min unbemannt atmosphärischer Flug, Fehlstart
Mercury-Little-Joe 2 04.12.1959 11 min Rhesusaffe Sam erster amerikanischer Start mit
einem Affen, Flugabbruchtest
Mercury-Little-Joe 1B 21.01.1960 8 min Rhesusaffe Miss Sam Flugabbruch erfolgreich erprobt
Mercury-Atlas 1 29.07.1960 3 min unbemannt atmosphärischer Flug, Fehlstart
Mercury-Little-Joe 5 08.11.1960 2 min unbemannt atmosphärischer Flug, teilweise
erfolgreich
Mercury-Redstone 1 21.11.1960 2 sec unbemannt Fehlstart
Mercury-Redstone 1A 12.12.1960 15 min unbemannt suborbitaler Flug
Mercury-Redstone 2 31.01.1961 16 min Schimpanse Ham suborbitaler Flug, erster Affe im Weltall
Mercury-Atlas 2 21.02.1961 17 min unbemannt suborbitaler Flug
Mercury-Little-Joe 5A 18.03.1961 23 min unbemannt suborbitaler Flug
Mercury-Redstone BD 24.03.1961 8 min unbemannt suborbitaler Flug
Mercury-Atlas 3 25.04.1961 7 min unbemannt Fehlstart
Mercury-Little-Joe 5B 28.04.1961 5 min unbemannt atmosphärischer Flug, teilweise
erfolgreich
Mercury-Redstone 3
(Freedom 7)
05.05.1961 15 min Alan Shepard suborbitaler Flug, erster Amerikaner
im Weltraum
Mercury-Redstone 4
(Liberty Bell 7)
21.07.1961 15 min Virgil Grissom suborbitaler Flug
Mercury-Atlas 4 13.09.1961 1 h 49 min unbemannt die erste erfolgreiche Erdumkreisung in
diesem Programm
Mercury-Atlas 5 29.11.1961 3 h 20 min Schimpanse Enos drei Erdumkreisungen geplant, zwei
durchgeführt
Mercury-Atlas 6
(Friendship 7)
20.02.1962 4 h 55 min John Glenn erster Amerikaner in der Erdumlaufbahn,
mit kleineren Problemen durchgeführt
wie geplant, 3 Erdumkreisungen
Mercury-Atlas 7
(Aurora 7)
24.05.1962 4 h 56 min Scott Carpenter trotz schwacher Pilotenleistung
erfolgreiche 3 Erdumkreisungen
Mercury-Atlas 8
(Sigma 7)
03.10.1962 9 h 13 min Walter Schirra "Raumflug aus dem Lehrbuch",
6 Erdumkreisungen
Mercury-Atlas 9
(Faith 7)
15.05.1963 34 h 19 min Gordon Cooper 22 Erdumkreisungen in 34 Stunden und 20
Minuten, erstmals Landung am Folgetag